„Paarberatung – gibt es noch eine Chance?“
Viele Paare kommen in eine Paarberatung und erhoffen sich eine Änderung ihrer Lage bzw. eine Änderung des Verhaltens des Partners/ der Partnerin. Dieser Artikel zeigt auf, welche Faktoren hilfreich sind, um dem Kapitel „Paar sein“ eine Chance zu geben, möglichst lange funktionieren zu können.
Paarberatung – was ist das genau?
Eine „Paarberatung“ wird oft mit „Paartherapie“ in Verbindung gebracht. Der kleine aber feine Unterschied liegt darin, dass eine Beratung stets etwas Praxisnahes in sich birgt. Es geht darum, Möglichkeiten aufzuzeigen und Tipps zu geben, die sich im Alltag generell als gut bewiesen haben. – Eine Therapie ist ein Prozess, der zumeist viel mehr Zeit beansprucht und nicht selten über ein Jahr lang gehen kann. Auf der anderen Seite ist jeder Mensch verschieden und es gibt in der Regel genauso KlientInnen, die beispielsweise ein Jahr lang zur Lebensberatung kommen.
Im Zuge einer Paartherapie gibt es oft einen anderen inhaltlichen Schweregrad der Problematik als bei der Beratung. In der Regel ist die Partnerschaft schon sehr „beansprucht“, wenn die Paare sich dazu entschließen, in Therapie zu gehen. Bei einer Beratung kann es – im sanftesten Fall – lediglich auch darum gehen, präventiv einzugreifen. Es gestaltet sich jedoch schwer, genaue Grenzen zwischen den beiden Begriffen zu ziehen, denn in beiden Verfahren sollen Ressourcen mobilisiert, die Kommunikation analysiert und Ziele gefunden werden.
In einer Paarberatung haben die KlientInnen die Chance, vor einer neutralen, dritten Person ihre Themen und ihre Probleme zu besprechen und schaffen sich somit einen freien Raum für alles, was sich in den letzten Jahren angesammelt hat. Oft haben die Paare zu Hause nicht die Möglichkeit, über ihre Probleme, Erwartungen und Gedanken zu sprechen – sei es aufgrund des Vorhandenseins von Kindern, die stets Aufmerksamkeit benötigen oder aufgrund von Arbeitsgegebenheiten (Nachtdienste, etc.). In der Paarberatung darf alles Platz haben, egal ob wertschätzende Worte, welche in der Regel zu selten verwendet werden oder auch das Schaffen der Möglichkeit, seinen Ärger oder seiner Enttäuschung über etwas kund zu tun. Es werden Regeln, Grundsätze und Ziele erarbeitet und auch hin und wieder Aufgaben mit nach Hause gegeben, die in der nächsten Einheit reflektiert werden. Doch was sind die Voraussetzungen, unter der eine Paarberatung den meisten Erfolg haben kann?
Voraussetzungen für eine konstruktive Beratung:
Die erste „Hürde“, welche darüber entscheidet, ob ein Paar zur Beratung gehen sollte oder nicht, stellt sich bereits beim ersten Kontakt mit der (Lebens)Beraterin/ mit dem (Lebens)Berater per Telefon, wenn es darum geht, ob wirklich beide Partner bereit sind, mit dieser neutralen Person arbeiten zu wollen. Eine Beratung kann keinen Erfolg haben, wenn einer der beiden negativ gegenüber sämtlichen Interventionen eingestellt ist oder gar nicht weiß, weshalb er/ sie überhaupt in die Beratung kommen sollte. Die Aussage „mein Mann/ meine Frau“ hat mich hergeschickt“ sollte tunlichst nicht der Grund sein, dass eine Beratung in Gang gesetzt wird. Auch im Falle einer Einzelgespräches wäre dieses Motiv nicht empfehlenswert.
Des Weiteren muss beiden Partnern bewusst sein, dass es nicht darum geht, dass sich lediglich der Partner/ die Partnerin ändert, sondern, dass jeder von beiden sich weiter entwickeln und an dem gemeinsamen Erfolg arbeiten sollte. Es ist auch wünschenswert, dass sich darüber hinaus beide Partner mehr und mehr in die Gedankenwelt des jeweils anderen einfühlen können.
Ein anderer Aspekt ist jener, dass sich das Paar verinnerlichen sollte, dass die Paarberatung ein Prozess ist und dass sich ein Erfolg nicht von heute auf morgen einstellt, dass auch nicht die Beraterin/ der Berater für den Erfolg verantwortlich ist, sondern das Paar selbst. Der (Lebens)Berater/ die Lebens)Beraterin hat lediglich die Aufgabe, Möglichkeiten aufzuzeigen, das auszusprechen, was sie/ er wahrnimmt und zu schlichten bzw. zu moderieren.
Eine andere Voraussetzung ist es auch, ein Ziel am Anfang des Beratungsprozesses fest zu legen. Es muss klar sein, ob das Paar zusammen bleiben will, ob es sich trennen möchte, ob es die Basis für eine Trennung schaffen möchte, die im guten auseinander geht oder ob es einfach noch nicht weiß, was die Zukunft bringen sollte. Auf dieser Grundlage werden dann weiters Unterziele erarbeitet.
Ein wesentlicher Punkt ist auch jener, dass eine Beraterin/ ein Berater definitiv eine neutrale Funktion hat und sich auch dementsprechend verhalten sollte: das bedeutet, er/ sie sollte keinen von beiden Partnern bevorzugen – auch wenn es im Unbewussten vorkommen kann, dass man gewisse Präferenzen entwickelt, gerade, wenn die Situation eines Klienten/einer Klientin die eigene Lebensgeschichte widerspiegelt. Ein/e gut ausgebildete/r und reflektierter BeraterIn muss in der Lage sein, diese Themen zu erkennen und sich davon abzugrenzen. Dies ist auch der Grund, weshalb BeraterInnen immer wieder in „Selbsterfahrung“ gehen bzw. „Supervision“ in Anspruch nehmen müssen.
Ein anderer Aspekt ist schließlich noch jener, dass beide Partner stets die Motivation aufbringen sollten, an sich zu arbeiten und auch bereit sind, zu „experimentieren“ – sprich, sich auf diverse neue Strategien einzulassen. Meist lernen sich die Paare in der Beratung neu kennen und erkennen Anteile am anderen, die ihnen neu erscheinen.
Die Erfahrung zeigt, dass sich viele Paare innerhalb einer Paarberatung trennen, da sie zu der Erkenntnis kommen, dass sie sich zu weit voneinander entfernt haben. Diese Trennung passiert dann jedoch sehr sanft und es wird nichts überstürzt. Oft ist eine Trennung auch das Beste für die Familie und für vorhandene Kinder. Einige Paare aber schaffen es jedoch, dass ihre Liebe neu entflammt oder dass sie sich von einer anderen, neuen und spannenden Seite wieder entdecken. Die Kunst ist es, wirklich tief in die Problematik zu gehen um den Kern der Sache zu treffen. Wenn in die Tiefe gegangen wird, kann man die wirklich störenden Elemente und Probleme, die übrigens auch vom Elternhaus her rühren können, auflösen bzw. eliminieren. Somit treten diese Probleme auch nicht weiterhin in der Beziehung auf. Wenn nur an der Oberfläche gekratzt wird, kann es zwar sein, dass sich eine Problematik bessert aber dass sie im Laufe der Zeit wieder auftritt.
Ob dieser Prozess des „zu sich Findens“ nun funktioniert, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob das Paar rechtzeitig in die Beratung kommt oder ob schon zu viele Kränkungen passiert sind. Wenn zu viele verletzenden Worte ausgesprochen wurden, kann es sein, dass man den Respekt und die Wertschätzung in Bezug auf den Partner/ die Partnerin verliert und man nie wieder etwas so interpretieren wird, wie es ursprünglich gemeint ist. Im Gegenteil: man wird immer das hören, was man hören will und das ist in so einem Fall schlussendlich nicht unbedingt positiv.