Bin ich beziehungsfähig?
In diesem Artikel geht es darum, wie facettenreich das Wort „beziehungsfähig“ ist und welche Anhaltspunkte es gibt, um eine „Beziehungsfähigkeit“ zu beschreiben. Ich gehe im Zuge dieses Artikels im Speziellen ausschließlich auf die partnerschaftliche Beziehung ein.
Der Themenkreis Beziehungsfähigkeit
Ob jemand beziehungsfähig ist oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab: Zunächst einmal muss sich jede Einzelperson in einer Beziehung fragen, ob der Grund, weshalb er/ sie eine Beziehung führt, jener ist, dass er/ sie g e n a u mit dem Menschen Zeit verbringen möchte, mit dem er/ sie liiert oder verheiratet ist oder ob der Grund der Beziehung jener ist, dass jene Person nicht alleine sein kann. – Nur jemand, der mit seiner Person selbst etwas anzufangen weiß, sprich, eigene Werte, Vorstellungen, Meinungen, Interessen und Ziele hat, der kann auch dauerhaft mit einem anderen Menschen glücklich werden. Wenn diese „gesunde“ Eigenständigkeit nicht vorhanden ist, versucht, die betroffene Person, am Partner/ an der Partnerin zu haften und sein/ ihr Leben von jenem der Partnerin/ des Partners abhängig zu machen. Dieses Verhalten ist für beide Partner sehr kontraproduktiv: zum einen gehen Eigenschaften wie Wertschätzung und Respekt in der Beziehung verloren und zum anderen können sich beide Partner nicht entfalten.
Sich eine Beziehung zu wünschen und die Beziehung dann wirklich zu führen sind zwei völlig verschiedene Dinge: jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit, möchte sich fallen lassen und alles mit seinem Partner/ mit seiner Partnerin bereden können. Eine Beziehung erfüllt – wenn beide Partner glücklich miteinander sind – auch genau diese Wünsche und Erwartungen. Jedoch erfordert eine Partnerschaft – gerade nach der ersten Phase, in der man die sprichwörtliche rosarote Brille auf hat – einiges an Kompromissbereitschaft und es erfordert weiters die Fähigkeit, seine Wünsche und Bedürfnisse klar formulieren zu können. Der Partner/ die Partnerin kann nicht von Anfang an riechen, was man und wie man etwas gerne hätte: das Setzen von Grenzen und das „Nein-Sagen-Können“ gehört genauso zu einer Beziehung, wie das Erteilen von Lob und positivem Feedback. Auch erfordert eine gut funktionierende Partnerschaft eine ständige Arbeit an der Beziehung: es sollte – hinsichtlich des Umgangs miteinander – eine gute Balance zwischen einem „Zusammenstreiten“ und dem Aufbringen von Zeit für Harmonie und Ruhe gefunden werden. Wenn fortlaufend Extreme in der Beziehung vorherrschen – praktisch andauernd gestritten oder alles zwecks der Aufrechterhaltung der Harmonie hinuntergeschluckt und verdrängt wird – so wird man nicht den Eindruck für sich erhalten, sich frei entfalten zu können.
Doch nicht jeder Mensch kann eine Beziehung aushalten oder findet jene erfüllend. Das bedeutet jedoch nicht – sowie viele Menschen befürchten – dass man gleich beziehungsunfähig ist. Es heißt vielmehr, dass Anteile, die hilfreich für eine erfüllte Zeit zu zweit sind, noch vor bzw. auch in der Partnerschaft erlernt werden sollten, um dauerhaft eine Beziehung führen zu können. Es bedeutet auch, dass man einen Partner findet, der einen sowohl ergänzt als auch fordert, sich selbst weiter zu entwickeln. Ich persönlich würde die Ausdrücke „beziehungsfähig und „beziehungsunfähig“ lieber umschreiben mit dem Grad, ob und inwiefern die Chance wahrgenommen wird, dass sich jede einzelne Person mit sich selbst und dem Partner/ der Partnerin auseinandersetzt und die Erkenntnisse stets seinem Liebsten/ seiner Liebsten kommuniziert.
Weshalb finde ich nie den richtigen Partner/ die richtige Partnerin?
– Bin ich beziehungsunfähig?
KlientInnen in meiner Praxis fragen mich manchmal, weshalb sie in Partnerschaften immer und immer wieder in dieselben problembehafteten Situationen geraten, worauf ich zumeist darauf verweise, dass jene in vielen Fällen immer und immer wieder das gleiche Muster in ihrem Leben verfolgen. Wichtig ist in Folge, dass die KlientInnen dieses Muster durchbrechen, sollte jenes eine negative Wirkung auf sie ausüben: Beispielsweise fragt eine Frau, weshalb sie immer nur mit Männern eine Beziehung eingeht, die Alkoholiker sind, oder die sie unterdrücken oder sie vielleicht sogar für sexuelle Absichten benutzen. Es ist in diesem Fall zentral darauf zu achten, weshalb die Frau immer wieder die gleichen Männer anzieht bzw. inwiefern dieses Verhalten etwas mit ihrer Person zu tun hat. Sobald sie erkennt, welche Glaubenssätze, welche inneren Überzeugungen und Strategien sie hat, wird sie ihren Fokus und somit ihr Verhalten ändern und auch diese Frau wird Erfolg in der Beziehung haben. Somit ist auch sie „beziehungsfähig“.
In der Folge möchte ich Punkte als Beispiele anführen, die unterstützend in Bezug auf eine wirklich dauerhafte und erfüllte Beziehung wirken: diese Punkte zielen darauf ab, dass man mit sich selbst im Reinen ist und auch seine Wünsche dem Partner/ der Partnerin kommunizieren kann. Ich bin der Meinung, dass man in einer Partnerschaft nur dauerhaft glücklich sein kann, wenn man die Fähigkeit besitzt, auch mit sich selbst achtsam umgehen zu können. Wenn man die innere Zufriedenheit und Ausgeglichenheit nach außen hin vermitteln kann, erhält der Partner/ die Partnerin Respekt und er/sie wird sich ein viel höheres Maß an Wertschätzung zeigen.
Welche Faktoren unterstützen darin, „beziehungsfähig“ zu agieren?
Es gibt sicherlich kein generalisiertes Erfolgsrezept, wie man schrittweise zu einer erfüllten Beziehung kommt, da jeder Mensch verschieden ist und unterschiedliche Ansprüche an eine Beziehung stellt. Es gibt jedoch gewisse Faktoren, die in sozialer, wie auch psychologischer Hinsicht die Basis in einem Beziehungsgefüge darstellen und jene Grundpfeiler möchte ich nun auch anführen. Auf welche Prinzipien sollte man nun in einer Beziehung achten, um langfristig und erfüllt Zeit miteinander verbringen zu können:
- Seien Sie empathisch (fühlen Sie sich in die Lage des Partners/ der Partnerin ein)
- Bemühen Sie sich, dem Partner/ der Partnerin zuzuhören und seine/ ihre Wünsche ernst zu nehmen
- Versuchen, Sie, Ihre eigene Meinung und Grundprinzipien auch zu vertreten, wenn Sie nicht ident jener des Partners/ der Partnerin ist -> seien Sie authentisch
- Seien Sie ehrlich zum Partner/zur Partnerin und sich selbst gegenüber
- Sagen Sie „nein“, wenn Ihnen etwas zu viel wird
- Äußern Sie klar Ihre Wünsche, am besten beginnend mit dem Satz: „ich wünsche mir, dass“
- Machen Sie ein Mal im Monat ein Resümee über die Dinge, die – im Zuge der Beziehung – gut für Sie gelaufen sind und über die Dinge, die sie gerne optimieren würden
- Richten Sie sich nicht immer und überall nach den Vorhaben des Partners/ der Partnerin sondern klären Sie im Vorfeld, dass es wichtig ist, hin und wieder etwas mit FreundInnen zu unternehmen oder einfach nur alleine sein zu wollen
- Versuchen Sie, ihre Gefühle in dem Moment zu zeigen, in denen sie diese auch wahrnehmen können und teilen Sie Ihrem Partner/ ihrer Partnerin Sätze wie „ich bin wirklich verletzt“, oder „ich bin enttäuscht“ mit
- Versuchen Sie keinen Streit zu meiden, forcieren Sie diesen jedoch auch nicht des Öfteren
- Nehmen Sie sich bewusst Zeit füreinander, um Erlebnisse miteinander teilen zu können
- Organisieren Sie ihre Zeit so, dass nicht zu einem Großteil alles an Ihnen „hängen bleibt“, sondern versuchen Sie sich Dinge wie Haushalt, das Spielen mit den Kindern, etc. wirklich aufzuteilen. So vermeiden Sie, dass alltägliche Erledigungen für eine/n PartnerIn zur Pflicht und für eine/n PartnerIn zur Selbstverständlichkeit werden
- Versuchen Sie Ernsthaftigkeit und Spaß in die Beziehung zu bringen und diese beiden Qualitäten auch als solche für den Partner/ für die Partnerin transparent zu machen
- Fragen Sie gleich nach, wenn Sie sich der Bedeutung einer Aussage ihres Partners/ ihrer Partnerin nicht sicher sind um Missverständnisse auszuräumen
- Pflegen Sie gemeinsame Rituale wie beispielsweise ein Mittag- oder Abendessen, Spaziergänge, etc.
Diese Punkte zeigen deutlich die Beziehungsarbeit, die man leisten sollte, um sich nicht voneinander zu entfernen. Trotz des Alltages, der sich meist sehr schnell einschleicht, ist es wichtig, die Beziehung immer wieder zu beleben und das geht nur, wenn eine „normale Basis“ vorhanden ist. Geben Sie ihrem Partner/ ihrer Partnerin am Besten möglichst viel Sicherheit, damit er/sie weiß, woran er/ sie ist. Versuchen Sie jedoch dennoch, nicht alles und jedes von sich Preis zu geben (solang es nicht relevant für die Beziehung ist).
Vielleicht haben Sie schlechte Erfahrungen in Beziehungen gemacht und möchten möglicherweise Ihr Misstrauen sich selbst und anderen gegenüber abbauen. Oder vielleicht sind Sie in einer Beziehung, sind mit der derzeitigen Situation in Ihrer Partnerschaft nicht zufrieden und möchten wieder von „Null“ starten. Dann können Sie das Angebot einer Paarberatung bei mir in der Praxis gerne in Anspruch nehmen!