Beziehungskrisen
Beziehungskrisen zu erkennen, ist möglicherweise ein längerer Prozess innerhalb einer Partnerschaft, einer Familie, einer Freundschaft, etc. da sich Menschen nicht von heute auf morgen auseinander leben. Um einer potentiellen Beziehungskrise entgegenzuwirken, ist es wichtig, Alarmsignale wahrzunehmen und – wenn möglich – Gespräche mit dem Partner/ der Partnerin zu führen. In sehr vielen Fällen ist es noch möglich, dass zwei oder mehrere Menschen in einer Beziehung wieder eine adäquate Kommunikationsbasis finden und sich einander annähern bzw. in die gleiche Richtung blicken können. Voraussetzung dafür ist jedoch die Auseinandersetzung mit sich selbst und mit dem Partner/ der Partnerin. Im Falle einer nicht-funktionierenden Gesprächsform sollte umgehend professionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Was ist eine Beziehungskrise?
In diesem Artikel möchte ich anführen, was eine Beziehungskrise ist, wie sie entsteht und wie man möglicherweise einer solchen potentiellen Beziehungskrise entgegenwirken kann, vorausgesetzt, man erkennt und anerkennt die Notwendigkeit des Arbeitens an der Partnerschaft. Eine Beziehung zu führen, bedeutet stets, auf sein Gegenüber einzugehen und auf Worte, Gesten, sowie auf das Verhalten einer anderen Person zu reagieren. Immer, wenn Informationen zwischen zwei oder mehrerenPersonen ausgetauscht werden, gibt es zwei Möglichkeiten des Outputs (Ergebnis der Kommunikation):
(1) der Informationsinhalt, der vom Sender geschickt wird, wird vom Empfänger in derselben Art und Weise wahrgenommen und kategorisiert. In diesem Fall wird die Kommunikation zwischen den beiden Personen äußerst harmonisch ablaufen und die Situation wird möglicherweise von beiden Personen interpretiert, als wäre man „auf einer Wellenlänge miteinander“. (2) es gibt unterschiedliche Zugänge und Vorstellungen über eine Thematik. Die Tatsache, dass es unterschiedliche Meinungen in Paar-, Familien oder Freundschaftsbeziehungen gibt, ist nicht weiters besorgniserregend. – Im Gegenteil: es ist förderlich, seine eigene Meinung zu vertreten und dem/r jeweiligen andere/n Konter zu geben. „Ungesund“ und „gefährlich“ für eine Beziehung – egal, welcher Art – wird die Situation erst dann, wenn Wut, Ärger oder veretzte Gefühle einfach verdrängt werden und die eigentliche Kränkung nicht angesprochen, oder wenn bei Umklarheiten keine Verständnisfrage zur Klärung eines Gesprächsgegenstandes gestellt wird. Es entstehen in Folge Mißverständnisse , da wir uns unser Bild vom Partner/ von der Partnerin konstruieren. Wir beginnen, alles, was vom Gegenüber angesprochen wird, zu zerklauben und in Kausaitätszusammenhänge zu stellen: „Wenn er/ sie das gemacht hat..dann wird er/sie mit Sicherheit auch das meinen oder tun“……
Im Zuge der Lebensberatung – vor allem innerhalb der Paar-, der Erziehungs- und der Familienberatung – spielen Beziehungskrisen eine große Rolle: den beteiligten Personen ist es zum Teil nicht mehr möglich, ein Gespräch zu führen, ohne sich zu streiten oder sich gegenseitig zu beschuldigen. Es schleicht sich bei den betroffenen Personen in Folge ein Alltag ein, der es nicht erlaubt, in liebevoller und respektvoller Art miteinander auszukommen und es werden jegliche Verhaltensweisen des/der anderen als störend und subjektiv „falsch“ empfunden.
Wie entsteht eine Beziehungskrise?
Eine Beziehungskrise tritt dann auf, wenn über eine längere Zeitdauer hindurch Probleme zwischen mindestens zwei Personen bestehen. Jene Probleme können in der Familie, in der Partnerschaft , im Freundes- und Bekanntenkreis oder im Beruf auftreten. Meist ist der Grund für eine solche Krise eine unzulängliche Kommunikationsbasis. Meiden Menschen die Möglichkeit, Dinge anzusprechen, welche sie stören, so stauen sich Empfindungen wie Ärger, Wut, Traurigkeit und Enttäuschung bei ihnen selbst sowie bei ihrer Umwelt auf. Die Folge des angesammelten Ballastes ist meist, dass Partner beginnen, dem Menschen, der ihm/ ihr wichtig ist, ein inadäquates Verhalten entgegenzubringen (schreien, toben, es werden Worte und Beschimpfungen benutzt, die eine verletzende Wirkung haben). Eine unmittelbare Nebenwirkung dieses Prozesses kann sein, dass das Entstauen der Gefühle in Worte in völlig unangebrachten Situationen erfolgt. Der Partner/ die Partnerin weiß in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, womit er/ sie – zu dem Zeitpunkt – unangebrachte Worte verdient hat. Es können weiters Missverständnisse entstehen, wenn über einen zu großen Zeitraum hinweg kein Feedback auf ein erfolgtes Verhalten des/der anderen gegeben wird. Das Nicht-Kommunizieren eines Widerstandes einer gewissen Angelegenheit gegenüber kann beispielsweise dem jeweiligen anderen signalisieren, dass ohnehin alles in Ordnung ist, da schließlich diesbezüglich keine Anmerkung dazu gefallen ist.
Was ist somit der gemeinsame Nenner all dieser angesprochenen Möglichkeiten eines Umgangs miteinander? – Eine gute und wertschätzende Kommunikation und das rechtzeitige Stellen von Gegenfragen wie: „darf ich fragen, wie hast du das gemeint?“ an der richtigen Stelle – nämlich an jener, wo man sich gekränkt oder unverstanden fühlt. Nicht jeder hat das Selbstvertrauen, Fragen zu stellen aus Angst, seinen Partner/ seine Partnerin zu nerven oder gar zu verlieren. Jedoch kann der einzige Verlust in Wahrheit nur aufgrund des Auseinanderlebens beider Partner – reultierend aus einer fehlen Kommunikation gegeben sein. Lebensberatung unterstützt darin, genau diese Fähigkeiten des Kommunizierens zu analysieren und gegebenenfalls zu trainieren – ob nun als Einzelperson oder als Paar.
Eine Krise entsteht letztlich immer dadurch, dass keine passende und akzeptable Gesprächsbasis mehr gefunden werden kann, um die eigentlichen Problemkreise zu beheben. Es fehlen in jenem Fall meist sowohl Energie, Motivation, Wille und Empathie als auch unter Umständen die Sicherheit, dass es sich für eine Beziehung – welcher Art auch immer – noch zu kämpfen lohnt. Handelt es sich um ein Familienmitglied, beispielsweise um das eigene Kind oder auch um einen Partner, mit dem man sich schon lange Zeit über in einer Beziehung befindet, wird man umso mehr Beweggründe haben, die vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme zu bewerkstelligen. Handelt es sich anderenfalls beispielsweise um eine/n bekannte/n oder um einen entfernten Arbeitskollegen, so kann eher noch versucht werden, auf einer nicht allzu nahen Beziehungsebene mit jener Person auszukommen.
Wie kann ich eine Beziehungskrise genau erkennen?
Wie sich eine Beziehungskrise bemerkbar machen kann werde ich nun in Form von einigen Beispielen anführen:
- Sie sind oft verärgert über den Partner/die Partnerin, empfinden mehr Anteile der Resignation als der Kampfeslust und fühlen sich bereits geschwächt vom oftmaligen Streiten
- Sie merken, dass immer und immer wieder die gleichen Verhaltensweisen für Aufregung sorgen, können jedoch mit dem Partner nicht mehr darüber reden
- Keine adäquate Kommunikationsbasis ist mehr vorhanden, das Gespräch besteht hauptsächlich aus Anschuldigungen
- Der Respekt voreinander schwindet
- Der Partner/ die Partnerin hält sich nicht mehr an Abmachungen, vernachlässigt möglicherweise häusliche oder familiäre Aufgaben
- In sexueller Hinsicht ist keine Anziehung oder keine Lust mehr zu bemerken
- Sie stellen fest, dass hauptsächlich die negativen Dinge in Bezug auf den Partner/ die Partnerin überwiegen
- Egal, was sie tun oder sagen, es wird alles kritisiert und Sie sind dadurch eingeschränkt, irgendetwas zu tun, da sie Angst haben, es beginnt auf Ihre Handlung hin der nächste Konflikt
- Sie empfinden teilweise schon Hass oder Ärger, wenn Ihr Partner/ ihre Partnerin beginnt, mit ihnen zu kommunizieren
- Wenn Sie das Gefühl haben, sie entfernen sich komplett vom Partner / von der Partnerin und haben nicht die Chance, mit ihm/ihr adäquat in Kommunikation zu treten.
Was kann man bei einer Beziehungskrise tun?
Prinzipiell entsteht eine Krise selten von heute auf morgen: meist kann man bei der Analyse einer Beziehungskrise einen Prozess beobachten, der sich über mehrere Monate, vielleicht sogar Jahre vollzogen hat.
Je nachdem, wie lange dieser Prozess schon fortgeschritten ist und welchen Grad der Motivation und der Beziehungsbereitschaft einzelne betroffene Personen aufbringen können, so wird es einen selbstständigen Weg aus einem Dilemma gebe oder nicht. Es gibt darüber hinaus auch Persönlichkeiten, welche sehr schnell die Geduld und das Interesse an einer Beziehung verlieren. Diese Menschen beenden folglich die Beziehung, in der sie sich befinden sehr schnell, oder sie schlagen den längeren Weg ein und suchen unterbewusst möglichst viele Streitsituationen, um den jeweils anderen dazu zu ermuntern, den Schlussstrich zu ziehen. Je nachdem, wie die Persönlichkeiten gestrickt sind, die in der jeweiligen Beziehung aufeinander treffen, so wird auch ein Konflikt bewältigt werden oder auch nicht.
Im Zuge der Lebensberatung beschäftige ich mich mit allen Formen der Beziehung und es kommen sowohl KlientInnen zu mir, die den Wunsch einer Paar- oder einer Familienberatung haben, als auch jene, die mit der Erziehung ihrer Kindern oder auch mit ihren ArbeitskollegInnen nicht mehr zurecht kommen. Allen gemeinsam ist die Tatsache, dass es überall, wo Menschen involviert sind, zu Konflikten oder auch Krisen kommen kann. – Ganz genau aus dem Grund, dass alle Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten und unterschiedliche Denkmuster bzw. Herangehensweisen haben.
Als Beispiel möchte ich noch die Paarberatung herausgreifen, da die Beziehungsebene aufgrund zweier beteiligter Personen leichter zu veranschaulichen ist, wenngleich auch eine Paarberatung an sich eine der komplexesten Beratungen darstellt:
Was kann man nun konkret in einer Partnerschaft machen, damit es nicht zu Problemen kommt:
- Achtsamer Umgang mit dem/der anderen: Check, welche Bedürfnisse hat der/die andere, was braucht er/sie in einer Beziehung, was kann ich als Partner/in geben und was nicht, wie kann ich das, was ich nicht geben kann, kompensieren.
- Reflektieren des eigenen Verhaltens und des Verhaltens des/der anderen
- Monatliches Gespräch: was läuft gut, was könnte man optimieren (nicht zerreden)
- Immer Feedback geben, weshalb einen etwas ärgert und wie man sich vorstellt, wie der/die andere handeln sollte
- Sehen Sie ihre Beziehung nicht als etwas Selbstverständliches an und lassen Sie das den/die andere/n auch spüren
- Bereiten Sie der/dem andere/n immer wieder kleine Überraschungen und wenn es nur ein Kaffee ist, den Sie ihm/ihr in der Früh ans Bett bringen
Was kann man tun, wenn es bereits Probleme gibt?
- Sprechen Sie den Störfaktors innerhalb der Beziehung möglichst in dem Moment an, wo er spürbar ist.
- Lassen Sie den/ die andere/n ausreden und versuchen Sie, Kritik zu reflektieren
- Sprechen Sie Emotionen an: Sagen Sie ihrem Partner/ ihrer Partnerin, dass Sie sehr enttäuscht oder traurig über das sind, was vorgefallen ist. Sagen sie ihm/ ihr jedoch auch in positiven Situationen, was er/ sie richtig gemacht hat. Es geht bei diesem Verhaltensmuster darum, dass der jeweils andere sowohl seine/ihre Grenzen ausloten kann, als auch darum, dass er/sie versteht, wie der andere tickt und was ihm/ihr in der Beziehung wichtig ist.
- Nehmen Sie eine „Metaposition“ ein, wenn Sie merken, dass Sie mit den eigenen Emotionen überfordert sind: Oft kommt es vor, dass einer der Partner oder auch beide zu aggressivem Verhalten neigen und schnell der/ dem jeweils andere/n Worte an den Kopf schmeißen, die sehr verletzend wirken und vieles in der Beziehung zerstören können. Manchmal vergessen die betroffenen Partner diese Worte oder Vorwürfe und manchmal wiederum kehren sie wieder ins Gedächtnis oder es ist auch schlicht und einfach einmal der Punkt erreicht, an dem auch Entschuldigungen nicht mehr ausreichen. Resümee: Nehmen Sie sich kurz eine Auszeit und gehen an die frische Luft, kommunizieren aber vorher dem Partner/der Partnerin, dass sie gerne das Gespräch fortsetzen möchten, nur im Moment kurze Bedenkzeit benötigen.
- Seien Sie empathisch , versuchen Sie, sich in die Sicht des anderen/der anderen einzufühlen.
- Sprechen Sie mit ausgewählten Freunden über die Situation und bekommen Sie somit eine erweiterte Sicht der Dinge.
- Überlegen Sie sich: Um was geht es bei dem Streit wirklich und wohin soll er führen?
- Geben Sie Ihrem Partner/ Ihrer Partnerin Möglichkeiten an, wie er/sie es besser machen kann und kritisieren Sie nicht nur ein Verhaltensmuster.
Was kann man tun, wenn bereits eine Beziehungskrise vorherrscht?
Manche Paare schaffen es alleine, aus einer Krise wieder herauszukommen und in Folge ihre Beziehung neu für sich zu entdecken. Oft muss es auch sprichwörtlich einmal „krachen“ damit beide Partner wissen, was sie an der/dem jeweiligen andere/n haben. In sehr vielen Fällen allerdings hat sich die Situation innerhalb der Beziehung so verschärft, dass das Paar auf eine Hilfe von außen angewiesen ist. In diesem Fall kann eine Lebensberatung gut helfen, die Beziehung von einer neutralen Seite aus zu beobachten und anzusehen. Es wird stets versucht, für keinen der beiden Partner Partei zu ergreifen – im Gegenteil: Viel mehr geht es darum, ein gemeinsames Ziel in der Beziehung zu finden und auf dieses hinzuarbeiten. Größtenteils lässt sich beobachten, dass Paare in diesem beinahe verfahrenen Stadium stark gegeneinander arbeiten statt miteinander und dass sie das auf eine sehr verstrickte Art und Weise praktizieren. Es werden Strategien und Muster verfolgt, die ganz stark den inneren, individuellen Glaubenssätzen folgen und die eine sehr eigene Dynamik entwickeln. Exakt diese Verhaltensschemen und –muster gilt es bei jedem einzelnen Partner herauszufiltern. Wenn diese Einzelteile erhoben werden, ergibt sich oft für das Paar ein Bild – vergleichbar einem Puzzle – wo jedes einzelne Teil ein Gesamtbild ergibt und anhand dieses Bildes entsteht sehr oft die Erklärung, weshalb die Beziehung ihren Weg so und nicht anders gegangen ist. Im Optimalfall werden mit dieser Erkenntnis alte Informationen wie beleidigende Worte, Beschimpfungen, Kränkungen gelöscht, da die inneren Antriebe des Partners/ der Partnerin, ein derartiges Verhalten an den Tag gelegt zu haben, besser eingeordnet werden können. In jedem Fall bietet eine Paarberatung betroffenen Personen die Möglichkeit, in einer empathischen und disziplinierten Art miteinander reden und gemeinsam mit dem Lebensberater/ der Lebensberaterin Ziele, Vorstellungen, Ängste, Glaubenssätze, Altlasten, etc. analysieren und miteinander verarbeiten zu können.